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Genug verdienen, um auch mal krank sein zu dürfen
Initiator des Themas: Schtroumpf (X)
Steffen Walter
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Mindestlöhne? Wohl kaum Mar 21, 2013



Wobei wir beim nächsten Punkt wären:


Warum gibt es keine gesetzlichen Mindestlöhne für Übersetzer, an die sich die Unternehmen zu halten haben?


Das könnte durchaus wünschenswert sein.


Mindestlöhne kann es schon deshalb nicht geben, weil wir Freiberufler und keine Angestellten/Arbeitnehmer sind. Auch gesetzlich vorgeschriebene Mindesthonorare sind eine Utopie, da wir nun mal unsere Preise am Markt frei aushandeln (jedenfalls im Privatsektor; anders ist das z. B. bei der der Tätigkeit für die Justiz/Polizei - siehe auch die aktuelle Petition für angemessene Honorare im Zusammenhang mit der Gesetzesnovelle).


 
xxLecraxx (X)
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Fachwissen Mar 21, 2013

@Steffen:

Es waren wohl auch Honorare gemeint. Was sonst...
Wie wäre es denn mit gesetzlich vorgeschriebenen Honoraren? (Keine Mindesthonorare, sondern klar geregelte Honorare für Übersetzungsdienstleistungen.) Wäre nur doof, wenn die dann niedriger als das sind, was man vorher bekommen hat...


Schaut mal, ich habe einen alten Thread gefunden. Da fragt ein Anfänger, wie man sich in neue Fachgebiete einarbeitet. Die Antworten sind sehr repräsentativ: E
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@Steffen:

Es waren wohl auch Honorare gemeint. Was sonst...
Wie wäre es denn mit gesetzlich vorgeschriebenen Honoraren? (Keine Mindesthonorare, sondern klar geregelte Honorare für Übersetzungsdienstleistungen.) Wäre nur doof, wenn die dann niedriger als das sind, was man vorher bekommen hat...


Schaut mal, ich habe einen alten Thread gefunden. Da fragt ein Anfänger, wie man sich in neue Fachgebiete einarbeitet. Die Antworten sind sehr repräsentativ: Es gab keine konkreten und viele schwammige Antworten, die teilweise gar keine waren. Zu guter Letzt wurde das Thema vollkommen grundlos gesperrt. Aber lest selbst:

http://www.proz.com/forum/german/142126-absolute_anfängerfragen.html

Was ist eigentlich so schwer daran, mal handfeste, konkrete Tipps zu geben?
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Schtroumpf (X)
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Auch Fachwissen fällt ja nicht vom Himmel Mar 21, 2013

Nils Kohlmann wrote:

Ich neige dazu, Tipptipp Recht zu geben.
Das Fachwissen, das studierte Übersetzer in vielen Bereichen bräuchten, um angemessene Übersetzungen abliefern zu können, können sie sich gar nicht in der Ausbildung aneignen. Die beharrte zu meinen Zeiten auf der simplen Dreiteilung Technik - Wirtschaft - Recht, womit ich in meiner Freiberuflichkeit nur bedingt etwas anfangen konnte.


Können sie in der Tat nicht. Daher sind Übersetzer beim allerersten Einstieg ins Metier auch noch nicht unbedingt versiert genug für die Selbständigkeit.


Wie kommt man zu fundiertem Fachwissen, ist, glaub ich, die Schlüsselfrage.


Üben, üben, üben... also praktisch arbeiten bis zum Gehtnichtmehr.


.... Linguistisches Feingefühl wird natürlich für Übersetzungen erwartet, ist meiner Erfahrung nach aber nicht das Hauptkriterium, nach dem Übersetzer ausgewählt werden. Das ist eindeutig die Fachkompetenz, und (leider) oftmals auch der Preis. Wenn ich als zB. Nichtjurist erst mal zwei Tage in die Recherche stecken muss, um eine in sich stimmige und gute Übersetzung anzufertigen und das dem Aufwand entsprechend abrechnen wollte, käme ich auf einen Zeilenpreis, den mir kein Kunde mehr bezahlt. Rechne ich nach üblichem (keinem "Dumping")-Preis ab, hätte ich einen Stundenlohn, der sich nur wenig von dem meiner ehemaligen Hiwi-Tätigkeiten abhebt.


Das ist glaube ich der Knackpunkt, an dem die einen schlappmachen und die anderen sich reinverbeißen. Denn:
- Der erste Auftrag, z.B. ein Gesellschaftsvertrag, ist derjenige, bei dem du am meisten reinsteckst - dafür aber auch am meisten lernst. Das dauert Stunden - natürlich unbezahlt.
- Der zweite Auftrag lässt sich wesentlich besser an, der Übersetzer weiß schon eher, wo es lang geht.
- Ab dem fünften solchen Auftrag tippt man bestimmte Floskeln im Schlaf und kümmert sich um die Feinheiten.


... Meine Ex-Uni hat mal eine anonyme Umfrage unter Ehemaligen veranstaltet. Das Ergebnis war (ob repräsentativ für den ganzen Übersetzerstand, kann ich nicht beurteilen, aber wenn ich diese Diskussionen immer wieder lese, glaub ich's fast) dass nur 40% (wie auch immer) erfolgreich im Beruf waren. Der Rest war hinten runtergefallen oder nach längerer "Leidenszeit" mittlerweile anderweitig tätig. Kann das der Sinn eines "angewandten" Studiums sein? Ich finde, nein.
So lange das so ist, wird die Dumpingecke garantiert weiter expandieren.


Das ist mal interessant zu hören!! 40%, au weia. Ich hoffe, die Uni verarbeitet das Ergebnis konstruktiv und verbessert diese Quote schnellstens.

Für mein Gefühl ist es v.a. ein erhebliches Problem, dass zwischen Uni und Selbständigkeit kaum noch die Chance besteht, sich irgendwo angestellt einzuarbeiten. Ich sehe aber bei den Kollegen, die sich 2 - 3 Jahre von den großen Firmen haben schinden lassen, dass sie hinterher endlich wissen, was eine Übersetzung ist. Und DANN sind sie oft auch selbständig erfolgreich.


 
xxLecraxx (X)
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@schtroumpf Mar 21, 2013

Also würdest du sagen, learning by doing und sich direkt in die Materie stürzen ist das beste Mittel, um sich übersetzungsrelevante Fachkenntnisse anzueignen?

 
Rolf Keller
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Fachwissen erwerben geht nicht mit Gewalt und Seminaren Mar 21, 2013

Nils Kohlmann wrote:

Das Fachwissen, das studierte Übersetzer in vielen Bereichen bräuchten, um angemessene Übersetzungen abliefern zu können, können sie sich gar nicht in der Ausbildung aneignen.


In vielen (nicht in allen!) Bereichen auch hinterher nicht. Ein Grund von mehreren dafür ist ganz einfach die Persönlichkeit: Wer etwa kein verhinderter Anwalt oder Ingenieur ist, dem fehlt die passende Denke für diese Fächer. Und was sagen fast alle, die ein Übersetzerstudium beginnen? "Mich interessieren Sprachen, Kulturen, andere Länder und Menschen ..." – und da haben wir sie, die unpassende Persönlichkeit. Damit kann man nur schwer ein guter Fachübersetzer für z. B. Recht oder Technik werden, als solcher muss man nämlich echten Spaß an Logikknobeleien, an Spitzfindigkeiten usw. haben. Und man muss in allem detailkritisch sein, was bei den Angehörigen der "weichen" Fakultäten eher selten ist: Die diskutieren zwar gern z. B. über den diffizilen Unterschied zwischen "schön" und "hübsch", werfen aber unbekümmert alle Bedeutungen durcheinander, sobald der Bereich der Alltags-/Umgangssprache verlassen wird.

Meine Ex-Uni hat mal eine anonyme Umfrage unter Ehemaligen veranstaltet. Das Ergebnis war (ob repräsentativ für den ganzen Übersetzerstand, kann ich nicht beurteilen, aber wenn ich diese Diskussionen immer wieder lese, glaub ich's fast) dass nur 40% (wie auch immer) erfolgreich im Beruf waren. Der Rest war hinten runtergefallen oder nach längerer "Leidenszeit" mittlerweile anderweitig tätig.


Das ist in vielen anderen Berufen ähnlich. Der eine Rechtsanwalt kann sich keine neuen Autoreifen leisten, der andere residiert in einer Villa. Der eine Ingenieur wird Chef vom VW-Konzern, der andere repariert Waschmaschinen. Und wenn wir bei den Geisteswissenschaftlern bleiben: Frag mal unter Germanisten, wer keinen Job hat, den nicht auch ein nicht weiter ausgebildeter Abiturient oder ein Kaufmannsgehilfe mit Mittlerer Reife erledigen kann. Da kommst du sicher auch auf die 40 %.


 
Steffen Walter
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Festanstellung vor Freiberuflichkeit Mar 21, 2013

Schtroumpf wrote:
Für mein Gefühl ist es v.a. ein erhebliches Problem, dass zwischen Uni und Selbständigkeit kaum noch die Chance besteht, sich irgendwo angestellt einzuarbeiten. Ich sehe aber bei den Kollegen, die sich 2 - 3 Jahre von den großen Firmen haben schinden lassen, dass sie hinterher endlich wissen, was eine Übersetzung ist. Und DANN sind sie oft auch selbständig erfolgreich.


Genau so war es z. B. bei mir: Ich war nach dem Dolmetscherstudium zunächst fast drei Jahre (2001-2003) fest als D/Ü angestellt (nicht bei einer Übersetzungsagentur, sondern bei einem Baustoffkonzern) und bin dann in die Freiberuflichkeit gewechselt. Während der Festanstellung musste ich als "Einzelkämpfer" in der Firma alles abdecken - vom technischen Projektpapier bis zur Bilanz -, hatte aber auch Kollegen/Chefs, mit denen ich in der Anlaufphase (und auch danach) Fragen klären konnte. Ich halte diese Reihenfolge noch immer für sehr hilfreich, auch wenn die Chancen auf eine solche Anstellung heutzutage geringer sein sollten.


 
Guillaume Chareyron
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Praktika Mar 21, 2013

Hallo,
im Rahmen des Übersetzerstudiums muss man normalerweise mindestens ein Praktikum absolvieren, so war's zumindest bei mir. Durch solche Praktika kann man gute Kontakte in der Branche knüpfen, die am Anfang einer Karriere sehr nützlich sein können.
Ich war gleich nach dem Studium selbstständig und habe am Anfang nur für das Übersetzungsbüro gearbeitet, wo ich ein Praktikum absolviert hatte, und zwar in enger Zusammarbeit mit den Kollegen, die meine Arbeit revidiert haben
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Hallo,
im Rahmen des Übersetzerstudiums muss man normalerweise mindestens ein Praktikum absolvieren, so war's zumindest bei mir. Durch solche Praktika kann man gute Kontakte in der Branche knüpfen, die am Anfang einer Karriere sehr nützlich sein können.
Ich war gleich nach dem Studium selbstständig und habe am Anfang nur für das Übersetzungsbüro gearbeitet, wo ich ein Praktikum absolviert hatte, und zwar in enger Zusammarbeit mit den Kollegen, die meine Arbeit revidiert haben. Ich würde es heute genau so machen, denn es bringt unheimlich viel, sich mit erfahrenen Übersetzern über die geleistete Arbeit zu unterhalten.
Schtroumpfette sagte "man macht den ersten Vertrag, und dann bei dem zweiten geht es schon schneller ", nur wie kann man wissen, wie gut bzw. schlecht die gelieferte Übersetzung eigentlich war? Gar nicht! Ausser der Kunde meldet sich mit einer Reklamation, was aber auch bedeuten kann, dass wir dem Tschüß sagen können.
Deswegen ist für mich die beste Lösung, sich Kollegen auszusuchen, die regelmässig die Übersetzungen revidieren und kommentieren. So liefert man auch gleich gute Qualität und lernt vor allem viel schneller den Beruf.
Gruß
Guillaume
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Nils Kohlmann
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Klappte so nicht Mar 21, 2013

Hallo schtroumpf,

das mit dem Schnellerwerden beim Übersetzen hab ich so nicht wirklich erlebt. Klar gehen gewisse Floskeln und Redewendungen mit der Zeit schneller von der Hand, aber am Beispiel eines diffizilen Rechtstexts kann ich auch nach über 10 Jahren Berufstätigkeit nicht "schnell" übersetzen, sondern muss immer noch so viel Recherche hineinstecken, dass der Endpreis, auf den Zeitaufwand bezogen, in die Bedeutungslosigkeit sinkt. Mach ich es schneller, kriege ich den Tex
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Hallo schtroumpf,

das mit dem Schnellerwerden beim Übersetzen hab ich so nicht wirklich erlebt. Klar gehen gewisse Floskeln und Redewendungen mit der Zeit schneller von der Hand, aber am Beispiel eines diffizilen Rechtstexts kann ich auch nach über 10 Jahren Berufstätigkeit nicht "schnell" übersetzen, sondern muss immer noch so viel Recherche hineinstecken, dass der Endpreis, auf den Zeitaufwand bezogen, in die Bedeutungslosigkeit sinkt. Mach ich es schneller, kriege ich den Text postwendend mit "Verbesserungsvorschlägen" zurück. Ich bin eben kein Jurist. Wobei hier "Jurist" nur ein Bild ist und genausogut durch "Ingenieur", "ITler", "BWLer" usw. ersetzt werden könnte. Der Aufwand bliebe für mich mehr oder minder derselbe.

Die meisten erfolgreichen Übersetzer, die ich auf Stammtischen, in Foren etc. kennengelernt habe, sind irgendwann von einer Anstellung in die Freiberuflichkeit gewechselt und haben ihre Fachgebiete quasi mitgenommen, in die sie in ihrer festen Zeit bei der Firma hineingewachsen sind. Das dürfte vielleicht auch der Hauptunterschied zwischen Übersetzerlaufbahnen mit früherem Berufseinstieg (bevor vieles "outgesourct" werden konnte) und denen sein, die das erst danach geschafft haben, weil es eben kaum noch Festanstellungen gibt. Natürlich gibt es auch Übersetzer, die von vornherein Freiberufler werden wollten, mit dem Wunsch des eigenen Übersetzungsbüros gestartet sind oder von vornherein so selbstbewusst waren, dass der Glaube an die eigene Laufbahn schon früh feststand. Jemand, der für sich diese Perspektive sieht, lässt sich von Anfang an ganz anders auf sein Studium ein und stellt früher die Weichen für sein Unterfangen. Doch das war (ist?), so glaube ich, die absolute Minderheit an den Übersetzerunis. Die Leute gab es natürlich, doch wer ist als Student schon so selbstbewusst?

Tja, und die Masse Übersetzer auf solchen Treffen zB an besagter Uni, die schwieg oder schweigt dazu. Auch eine Antwort...

@Rolf Keller
Das mit der grundsätzlich fehlenden Eignung ist ein interessanter Punkt und ich glaube, das stimmt auch. Das ist den allermeisten Übersetzungsstudenten jedoch nicht klar. Die schöngeistig Interessierten waren (sind?) an den Übersetzerfakultäten Legion. Und schöngeistiges, im Sinn von kulturellem Interesse, ist ja auch eine Voraussetzung für diesen Beruf. Aber eben nur eine! Da fehlte einfach Aufklärung, die gerade ein ANGEWANDTER Studiengang leisten müsste. (Nein, auch der BdÜ erreichte die Leute damit nicht wirklich, aber eigentlich gehört das mE an die Uni, denn an der wird die Ausbildung bereitgestellt und finanziert). Denn: Warum sollte jemand etwas studieren, was im Endeffekt unter den heutigen absolut mehrheitlichen Bedingungen der Berufsausübung seiner eigenen Eignung zuwider läuft und er/sie später nicht mal seine täglichen Lebensunterhalt bestreiten kann? Dafür sind Zeit, Lebenskraft, Jugend doch zu schade. Von den späteren Enttäuschungen zu schweigen, ebenso, das aber nur nebenbei, von den Mitteln, die für die Studienplätze reihenweise umsonst aufgewendet werden.
Bei rein geisteswissenschaftlichen Fächern ist für den Magisterstudenten vorhersehbar, dass er keinen Beruf erlernt, sondern sich mit philologischen Fragen befasst, die nicht in einen Job münden.

@Guillaume C. Da hast Du vollkommen Recht, Rückmeldung ist das A und O, um sich überhaupt einschätzen zu können.


[Bearbeitet am 2013-03-22 00:15 GMT]
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Erik Freitag
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Sprachen, Kulturen, andere Länder und Menschen - ja, aber... Mar 22, 2013

Rolf Keller wrote:

Wer etwa kein verhinderter Anwalt oder Ingenieur ist, dem fehlt die passende Denke für diese Fächer. Und was sagen fast alle, die ein Übersetzerstudium beginnen? "Mich interessieren Sprachen, Kulturen, andere Länder und Menschen ..." – und da haben wir sie, die unpassende Persönlichkeit. Damit kann man nur schwer ein guter Fachübersetzer für z. B. Recht oder Technik werden, als solcher muss man nämlich echten Spaß an Logikknobeleien, an Spitzfindigkeiten usw. haben.



Du sprichst mir aus der Seele. Ich finde, das ist so richtig und wichtig, dass es hier eine Wiederholung verdient.


 
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Der richtige Weg zum guten Übersetzer Mar 22, 2013

Nachdem, was hier so zuletzt geschrieben wurde (aber nicht nur hier), kann man also folgendes Fazit ziehen (Achtung! Übertriebene Darstellung! No offence! ^___^):

-Auf keinen Fall "Übersetzen" studieren. Da wird man garantiert kein guter Übersetzer durch, sondern nur ein schöngeistiger Spinner.
-Wenn man den Wunsch verspürt, Übersetzer zu werden, sollte man kein Übersetzer werden.
-Sprachenliebhaber sollten besser nicht Übersetzer werden. Am besten, man sieht Sp
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Nachdem, was hier so zuletzt geschrieben wurde (aber nicht nur hier), kann man also folgendes Fazit ziehen (Achtung! Übertriebene Darstellung! No offence! ^___^):

-Auf keinen Fall "Übersetzen" studieren. Da wird man garantiert kein guter Übersetzer durch, sondern nur ein schöngeistiger Spinner.
-Wenn man den Wunsch verspürt, Übersetzer zu werden, sollte man kein Übersetzer werden.
-Sprachenliebhaber sollten besser nicht Übersetzer werden. Am besten, man sieht Sprache - und auch das Sprachenlernen - nur als Mittel zum Zweck an. (Sprachenlernen will man eh nicht bewusst, das geschieht aus Notwendigkeit, weil man mal für nen paar Jahre nach New York muss. Chef wollte das so.)
-Am besten man hat vollkommen andere Interessen, als Übersetzer werden zu wollen. Man möchte idealiter Anwalt, Ingenieur oder Informatiker werden. Übersetzer wird man dann durch "Zufall", so ähnlich, wie die Jungfrau zum Kinde kommt. Die kommen dann eben einfach mit den Aufträgen und dann merkt man, huch, klappt ja, machste das mal weiter. Die brauchen einen ja auch, verdammt noch mal.

Das ist irgendwie schon witzig. Ich lese schon eine ganze Weile in Foren wie diesem mit. Und ich habe beobachtet, dass immer diejenigen, die eine andere Ausbildung als eine klassische Ü-Ausbildung haben, gerade die ihre als das Nonplusultra anpreisen. "Die besten Übersetzer sind Fachleute mit Fremdsprachkenntnissen und hervorragender Sprachbeherrschung, die in ihren Fachgebieten übersetzen."

Auf der anderen Seite behaupten diejenigen, die den "klassischen Weg" (Diplom-Übersetzer oder auch staatl. gepr.) gegangen sind gerne, dass so eine Ausbildung unbedingt notwendig sei.

Ich bin verwirrt...

EINE FRAGE: Noch mal zu dem Fachwissen: Wenn ich an der Uni ein Jahr lang Buchführung und externes Rechnungswesen hatte (die gleichen Kurse wie die BWLer, wohlgemerkt, keine Extrakurse für Übersetzer) und dann noch ein halbes oder sogar ein Jahr lang in einem Fachübersetzungskurs Bilanzen, Jahresberichte und ähnliches übersetzt habe - bin ich dann fit genug, um mich an einen ersten Auftrag in diesem Bereich (gaaanz vorsichtig und mit vieeeeel Hilfe und ausgestattet mit den besten Fachwörterbüchern und Musterübersetzungen) heranzuwagen?

Bitte, eine ehrliche Antwort. Ich möchte es wirklich wissen. Ich kann das schlecht einschätzen (und so geht es nicht nur mir). Habe sogar schon überlegt, ob ich nach meinem Abschluss noch ein Fernstudium mache, nur damit ich erfolgreicher Fachübersetzer werden kann.
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Rolf Keller
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Was sollen die Unis tun? Was können sie tun? Mar 22, 2013

Nils Kohlmann wrote:

eigentlich gehört das mE an die Uni, denn an der wird die Ausbildung bereitgestellt und finanziert)


Mag sein. Ein Studium ist aber kein Fahrschullehrgang, wo man alles mundgerecht serviert bekommt, nur auswendig lernen muss und mit dem Schein in der Tasche alles "auf ewig" erledigt ist.

Ich frage mich auch, welchen Erfolg Berufsfindungskurse an Unis in der Realität hätten. Die Naivität verlieren die meisten jungen Leute erst, wenn sie tatsächlich gegen Wände laufen, aber nicht schon dann, wenn man ihnen erzählt, es gäbe da irgendwo Wände und man müsse sich vorsehen, dass ...

In vielen Fächern ist es übrigens nicht viel anders als bei den Übersetzern. Übertrieben gesagt: Die meisten Schulabhänger kennen nur zwei Berufe: den des Lehrers und den ihres Vaters.

Ein angehender Lehrer weiß ungefähr, was ihn erwartet, er hat es ja alles schon gesehen. Bei einem Juristen ist es schon schwieriger. Und wie ist es bei einem Ingenieur? Da stellt sich alle Welt einen Konstrukteur vor, aber 80 % tun später etwas ganz anderes – weil der Markt für Konstrukteure begrenzt ist und/oder weil ihnen die Persönlichkeit und fachliche Eignung zum Konstrukteur fehlt.


 
wonita (X)
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Allgemeine Bildung Mar 22, 2013

efreitag wrote:

Rolf Keller wrote:

Wer etwa kein verhinderter Anwalt oder Ingenieur ist, dem fehlt die passende Denke für diese Fächer. Und was sagen fast alle, die ein Übersetzerstudium beginnen? "Mich interessieren Sprachen, Kulturen, andere Länder und Menschen ..." – und da haben wir sie, die unpassende Persönlichkeit. Damit kann man nur schwer ein guter Fachübersetzer für z. B. Recht oder Technik werden, als solcher muss man nämlich echten Spaß an Logikknobeleien, an Spitzfindigkeiten usw. haben.



Du sprichst mir aus der Seele. Ich finde, das ist so richtig und wichtig, dass es hier eine Wiederholung verdient.

Ein Übersetzer muss nichts entwickeln, er braucht nur zu verstehen. Da reicht eine allgemeine schulische Bildung völlig aus, um in weiteres Fach hinein zu arbeiten.

Jeder der für Unternehmen übersetzt und dolmetscht weiß, dass er Unterlagen in allen Bereichen bearbeiten muss. Für mich ist das nicht viel anders als das, dass man in der Schule gleichzeitig Mathe, Physik, Musik, Sprache usw. lernt, und wenigstens eine 4 von allen haben muss, obwohl man gar keinen Bock auf ein und anderes Fach hat.

Durchaus machbar, mit oder ohne Leidenschaft.


 
Schtroumpf (X)
Schtroumpf (X)
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Ja, mit Bin Tiede Mar 22, 2013

Natürlich verstehe ich einen gewissen emotionalen Vorbehalt, bevor der Romanist oder Anglizist sich voll in die Hydraulik oder die Feinheiten von Schiedsgerichtsbarkeiten hineinvertieft. Wer für so etwas weder Neugier noch die Bereitschaft mitbringt, sich damit auseinanderzusetzen, ist womöglich wirklich etwas zu "engspurig" für unseren Beruf angelegt.

Man braucht aber absolut kein Ingenieur oder Dr. jur. zu sein, um so etwas zu übersetzen. Wenn ich Texte über Hydraulik krieg
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Natürlich verstehe ich einen gewissen emotionalen Vorbehalt, bevor der Romanist oder Anglizist sich voll in die Hydraulik oder die Feinheiten von Schiedsgerichtsbarkeiten hineinvertieft. Wer für so etwas weder Neugier noch die Bereitschaft mitbringt, sich damit auseinanderzusetzen, ist womöglich wirklich etwas zu "engspurig" für unseren Beruf angelegt.

Man braucht aber absolut kein Ingenieur oder Dr. jur. zu sein, um so etwas zu übersetzen. Wenn ich Texte über Hydraulik kriege, schicke ich oft sogar noch Anmerkungen zurück, um dem Kunden mitzuteilen, wo ich Fehlerchen vermute. Meistens stimmt der Verdacht, obwohl ich wie gesagt Sprachspezialist bin und kein "Dr.-Ing. hydr.".

Oft empfinde ich sogar, dass Fachtexte uns intellektuell *nicht genug* herausfordern. Wie oft lese und übersetze ich Texte, bei denen immer nur ein Parameter raufgeht und als Folge dessen ein zweiter entweder selbst rauf, oder runter, oder gleichbleibt? Das läuft so in der Hydraulik, in der Finanzbranche, und eigentlich ziemlich überall. Soooo schwer verständlich, dass ein Übersetzer der Logik der Argumentation nicht folgen kann, sind sehr wenige Texte. Das meiste, was geschrieben wird, ist heute ohnehin Wegwerf-Literatur, kaum korrigiert, oft voller Fehler.

Ich unterstelle jetzt auch mal, dass wir als Übersetzungsprofis in der Lage sind, uns technische Termini eines beliebigen Fachs durch Recherchen anzueignen und dieser Punkt KEIN Erfolgshindernis darstellen kann
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Schtroumpf (X)
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@ Marcel Mar 22, 2013

Marcel G. wrote:

Also würdest du sagen, learning by doing und sich direkt in die Materie stürzen ist das beste Mittel, um sich übersetzungsrelevante Fachkenntnisse anzueignen?


Ja!


 
Rolf Keller
Rolf Keller
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Übung macht nicht immer den Meister Mar 22, 2013

Schtroumpf wrote:

- Der erste Auftrag, z.B. ein Gesellschaftsvertrag, ist derjenige, bei dem du am meisten reinsteckst - dafür aber auch am meisten lernst. Das dauert Stunden - natürlich unbezahlt.
- Der zweite Auftrag lässt sich wesentlich besser an, der Übersetzer weiß schon eher, wo es lang geht.
- Ab dem fünften solchen Auftrag tippt man bestimmte Floskeln im Schlaf und kümmert sich um die Feinheiten.


Das kann nur in bestimmten Bereichen funktionieren, die entweder extrem eng begrenzt sind oder in denen sich in Jahrzehnten nur wenig ändert.

Wenn der erste Auftrag z. B. von den Kugellagern in linken Hinterrädern von Sportwagen handelt und man mühevoll herausgefunden hat, was Kugellager sind, dann nützt einem das null Komma nichts, wenn es beim zweiten Auftrag um die Mikroprozessoren der Wegfahrsperre und beim dritten um die Einspritzpumpe geht.

("Wie, Frau Übersetzerin, ich dachte, Sie sind auf Automobiltechnik spezialisiert?" --- "Ach so, nur auf linke Hinterräder? Und auch nur, wenn die nicht von Bussen sind?")

Wenn man hier beim Fachwissenserwerb wirklich bei null anfängt, braucht man – Fähigkeit zum technischen Denken und zum selbstständigen Lernen vorausgesetzt – etliche Jahre. Und selbst dann werden einem noch viele Grundlagen fehlen, denn man übersetzt ja in der Regel keine Lehrtexte und sieht deswegen vieles Grundlegende nicht, weil es in normalen Texten immer nur zwischen den Zeilen steht.

Am Schlimmsten aber: Nach diesen Jahren fahren die Autos vielleicht auf Luftkissen, die Mikroprozessoren sind durch Biokomponenten ersetzt und da die Motoren inzwischen Elektromotoren sind, gibt es keine Einspritzpumpen mehr. Sisyphos lässt grüßen.


 
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